Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Im Kongobecken ist eine Renaissance der Forstwissenschaften zu beobachten. Wie eine Forschungsstation dem Klima- und Artenschutz dienen kann. Ein Storytelling.
Joel Litale steht auf einer Leiter, die an den mächtigen Stamm eines Mukulungu gelehnt ist. Er legt ein Maßband zwischen zwei Linien, die mit roter Farbe auf etwa vier Meter Höhe um den Baum gezogen sind, dessen botanischer Name Autranella congolensis lautet. Auf der anderen Seite des Stammes schiebt Augustin Iyokwa das Band, auf dem Vielfache der Kreiszahl Pi als Maßeinheiten angegeben sind, mithilfe eines Stockes zwischen die roten Linien. „Der Durchmesser beträgt 63,8 Zentimeter“, ruft Litale seinem Kollegen zu und steigt von der Leiter, während Iyokwa die Zahl auf einem Blatt Papier notiert. Die beiden Forstwirte tragen grüne Arbeiterkluft, Gummistiefel gegen Schlangenbisse und Helme, die sie vor Früchten schützen sollen, die immer wieder lautstark von bis zu vierzig Meter hohen Bäumen zu Boden donnern. Regen prasselt auf das dichte Blätterdach und tropft herab. Es ist Mitte September, in der Demokratischen Republik Kongo hat die Regenzeit gerade begonnen.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung/FAZ.net
7. September 2021
Werden die Nebelwälder für Ackerland, Bau- und Brennholz geopfert, verlieren die Komoren mehr als nur ein paar alte Bäume. Ein Reportage.
Das Feld, auf dem Sidi Abdoulatif arbeitet, hat Hanglage. Es ist so steil, dass sich der 60-Jährige kaum halten kann und sich immer wieder mit einer Hand abstützen muss, um mit der anderen Unkraut zu jäten. Er will Tarot, Maniok und Süßkartoffeln pflanzen. Das Grundstück hat er vor ein paar Jahren gekauft, als er von seinem Job als Wächter eines Telefonmasten in den Ruhestand geschickt worden war. Ohne Pension, deshalb muss er sich ein Einkommen auf dem Feld verdienen. Zuvor lag das Land brach, jeder Regenschauer schwemmte mehr Erde den Steilhang hinab, der Boden war ausgelaugt. Nichts wuchs, bis Abdoulatif sein Feld mit Gliricidia sepium umpflanzte. Schnell wachsende Robinien, die zu den Leguminosen zählen und den Boden mit Stickstoff anreichern, somit dessen Fruchtbarkeit steigern. Ihre Blätter dienen als Dünger oder Viehfutter, und die Wurzeln ziehen Wasser nach oben und geben dem Boden Halt.
Der ganze Artikel ist hier zu lesen!
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 9. Mai 2021
Mit einer Machete schiebt Yaya Chabi Ota trockenes Laub zur Seite und sucht mit seinen Augen aufmerksam den Waldboden ab. Nur vereinzelt bahnen sich Sonnenstrahlen einen Weg durch die dichten Baumkronen, wenig Licht dringt bis nach unten durch in diesem Waldstück im Norden Benins, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Togo entfernt. „Irgendwo hier muss es sein“, sagt der 45-Jährige. Er ist einer von fünf Öko-Guards, die den Wald von Kikélé vor Wilderern und Baumfällern schützen sollen. Sie patrouillieren Tag und Nacht, schlafen auch manchmal unter Bäumen. Chabi Ota, der Hosen in Tarnfarben und feste Stiefel trägt, bleibt stehen, bückt sich und zeigt mit der Machete auf den Boden: „Hier sind die Gräber der Affen!“ …
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Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und FAZ.net, 7. Juni 2021
Am 5. Juni 1981 erfuhren Ärzte und Forscher erstmals von einer rätselhaften Krankheit. Zunächst waren es nur wenige Fälle, daraus wurde bald eine Pandemie: Aids. Heute, vierzig Jahre später, gibt es noch immer keinen HIV-Impfstoff. Warum?
Es begann mit einem Pilz. Zwischen Oktober 1980 und Mai 1981 wurden fünf Männer in Los Angeles mit einer gefährlichen Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert, zwei von ihnen starben. Der Erreger: Pneumocystis carinii, ein Pilz, der eigentlich nur für ältere und geschwächte Menschen zum Problem wird. Doch die Männer in Los Angeles waren zwischen 29 und 36 Jahre alt.
Den ganzen Artikel von Kai Kupferschmidt und mir gibt es auf FAZ.net!
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19. Januar 2021
Wenn im Blut zu viele Sichelzellen schwimmen, ist das Leid groß. Was hilft den Kranken? Eine Reportage aus Lomé, Tunis und Bielefeld. Von Laura Salm-Reifferscheidt (Text) und Nyani Quarmyne (Fotos)
Wenn es Julien gutgeht, tanzt er gerne mit seiner Freundin. Am liebsten den lateinamerikanischen Bachata. Danach gehen sie in ein Restaurant, manchmal ins Kino. Allerdings ging es Julien in den letzten Jahren nur selten gut, und den Weg von der Arztpraxis zur Apotheke in Bielefeld schafft der 27-Jährige nur langsam und leicht gebückt. Als er sein Rezept für ein Schmerzmittel vorlegt, fällt einer Mitarbeiterin auf, dass sie ihn schon lange nicht gesehen hat. „Ich war gerade fünf Wochen im Krankenhaus“, erklärt Julien und zeigt durch das Schaufenster auf ein gesichtsloses Hochhaus. Von dort ist er erst vor zwei Tagen entlassen worden. …
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Die Geschichte einer Seuche – oder wie Ägypten den Kampf gegen Hepatitis C fast verlor und heute ein Vorbild für andere Länder sein könnte.
Das Jahr 1962 ist für Raymond Schinazi ein dramatischer Einschnitt und in besonderer Erinnerung geblieben. Als der damals 12-Jährige mit seiner Familie aus den Sommerferien zurückkommt, ist alles anders. Das Haus verschlossen, die Autos verschwunden, die Konten eingefroren, er darf nicht mehr zur Schule. Die Schinazis, die seit Generationen in Alexandria leben, sind wie viele andere jüdische Familien vor ihnen zum Ziel der nationalistischen Politik des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser geworden. Die Schinazis ziehen ins Hotel, harren noch eine Weile in Ägypten aus. 1964 geben sie auf und fliehen auf einem Schiff Richtung Europa. Raymond will noch einmal vom Deck zurückblicken und winken. „Es war Nacht, und ich wollte die Lichter von Alexandria sehen“, erinnert er sich heute. Sein Vater hielt ihn davon ab: „Schau nicht zurück. Es ist vorbei. Ägypten ist vorbei für uns.“ Einige Tage später kommt die Familie in Neapel an. Ihr neues Leben beginnt in einem Flüchtlingslager. Die Geschichte, die Raymond Schinazi ein halbes Jahrhundert später in seine Heimat zurückbringen wird, ist die Geschichte einer Seuche, die droht, ein ganzes Land in die Knie zu zwingen. Es geht um Millionen von Menschenleben und Milliarden Dollar. Im Zentrum: Ein Virus, von dessen Existenz Anfang der Sechziger niemand weiß, Hepatitis C. …
Hier geht es zum Artikel in der FAS
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10. Juli 2020
In Westafrika berauschen sich viele Menschen illegal an Schmerzmitteln, die zum medizinischen Standard gehören. Eine strengere Kontrolle kann für Kranke schwere Konsequenzen haben.
Nachdem Ayao sich für ein T-Shirt mit buntem Aufdruck, weiße Hosen und gefälschte Kappa-Sandalen entschieden hat, zieht er einen Kamm durch seine kurzen Locken und verzerrt dabei vor Schmerz sein Gesicht. Schnell fischt der 16-Jährige zwei weiße Tramadol-Tabletten aus seiner Hosentasche und steckt sie sich in den Mund. „Wenn ich das nehme, kann ich alles schaffen“, sagt er. „Nichts scheint unmöglich.“ Dann verlässt Ayao, der eigentlich anders heißt, das einfache Haus seiner Eltern, das am Stadtrand von Lomé, Togos Hauptstadt, liegt, um zur Arbeit zu gehen. Mit einer Motorradrikscha liefert er Trinkwasser an Geschäfte aus.
Von Ebola lernen
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 5. April 2020
Ein Rückblick nach Liberia, als dort noch Ebola grassierte, zeigt, wie entscheidend der Zusammenhalt in einer Gesellschaft ist, will man Epidemien bekämpfen.
Wir trafen Stanley Juah am 24. November 2014, dem Tag, an dem er als Ebola-Überlebender aus einem Behandlungszentrum im Bezirk Bong in Liberia entlassen wurde. Er saß auf einem Plastikstuhl vor der Absperrung, die Gesunde von Kranken trennte. Er boxte in die Luft, reckte die Fäuste seinem unsichtbaren Feind entgegen: Er hatte das tödliche Virus besiegt. Doch nun musste Stanley sich seiner Vergangenheit stellen; ein Mann, von dem selbst sein bester Freund sagte, er sei stets ein Sturkopf gewesen, der sich nicht um die Meinung anderer scherte. Dann kam das Virus und Stanley glaubte, dass er Ebola genauso austricksen könnte wie die Menschen in seinem Dorf. Wenn sich alle an die Regeln hielten, würde er trotzdem seinen eigenen Weg gehen. Warum sollte das bei Ebola anders sein? Ausgezehrt von der Krankheit streifte Stanleys Blick über das Behandlungszentrum. „Ich kann nicht zurück nach Taylor Town“, stammelte er, „die Leute werden mich umbringen, weil sie mich für die ganzen Toten verantwortlich machen.“
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Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Ohne Schlangen droht die Rattenplage. Wer aber im afrikanischen Königreich Eswatini, ehemals Swasiland, gebissen wird, muss um sein Leben bangen. Eine Frau will das nicht hinnehmen – und kämpft mit Haken und Zange.
Thea Litschka-Koen beugt sich über das Krankenhausbett und greift nach der geschwollenen Hand von Qiniso. Während sie die riesige Blase auf dem Handrücken begutachtet, erzählt der 36-jährige Patient: „Ein stechender Schmerz hat mich aufgeweckt, ich habe meine Hand geschüttelt und gespürt, wie etwas zu Boden fiel.“ Qiniso sah Blut zwischen Zeige- und Mittelfinger und vermutete einen Schlangenbiss. Sein Bruder brachte ihn in ein Krankenhaus in Manzini, einer Stadt im kleinen Königreich Eswatini, das zwischen Südafrika und Moçambique liegt und bis April 2018 Swasiland hieß. Zu Hause bei Qiniso fand man tatsächlich eine Moçambique-Speikobra in der Schublade einer Arbeitsbank, es ist eine der giftigsten Schlangen im südlichen Afrika.
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The Lancet/World Report, January 2020
Treatment and prevention of snakebite have long been neglected. One woman’s initiative in eSwatini is making changes. Laura Salm-Reifferscheidt reports from Simunye, eSwatini.
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